Wechselbad zwischen Gulag und Banja – Unterwegs am Ufer des Onegasees
Liebe Abenteurer!
Ab Petrosawodsk zeigt sich das Wetter von seiner schönen Seite. Es ist warm, sogar heiß. Die Tagestemperaturen erreichen bis 30 Grad Plus.
Auf einer gut ausgebauten Straße geht es weiter gen Norden.
Schnelles Vorankommen wird allerdings manchmal durch lange Baustellen abgebremst.
Unterwegs besuchen wir das Naturschutzgebiet Kiwatsch mit dem gleichnamigen Wasserfall. Seine erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1566. Der Kiwatsch, heute ein bekanntes Tourismus-Ziel in Karelien, wurde schon 1858 von Zar Alexander II. besucht. Ende des 18. Jahrhunderts inspirierte er den russischen Dichter Gawriil Derschawin zu seinem Gedicht “Der Wasserfall”.
Unterwegs findet man genug schöne Ecken zum Pausieren. Leider ist es noch etwas zu früh, um Pilze und Beeren zu sammeln.
Nach etwa drei Stunden reiner Fahrzeit erreichen wir die Stadt Medweschjegorsk. Der Bär im Stadtwappen spricht für sich: 1916 entstand hier eine Stationssiedlung, deren russischer Name Medweschja Gora (deutsch Bärenberg) eine Übersetzung des alten karelischen Ortsnamens (ebenfalls „Bärenberg“) darstellt. 1938 erhielt der Ort unter dem Namen Medweschjegorsk das Stadtrecht.
Unser Stellplatz für die nächsten zwei Nächte liegt in einem schönen Kiefernwald.
Die „Seabridge-Gulaschkanone“ brauchen wir heute nicht anzuschmeißen, es gibt gegrillten Fisch. Das Abenteuer Osten-Salatbuffet sieht heute wieder hervorragend aus. Bei guter Laune, pappsatt und dekorativ gegen Mücken geschützt (komisch, es gibt ja keine), lassen wir in schöner Runde den Abend ausklingen.
Der Handelsweg auf dem Wasser vom Weißen Meer nach Mittelrussland war den Kaufleuten bereits im 16. Jahrhundert bekannt. Man benötigte aber neue Verkehrswege. Ein befestigter Landweg kostete viel. 1916 entstand hier die Stationssiedlung Medweschja Gora (deutsch Bärenberg).
Nicht nur durch die von Stalin vorangetriebene Industrialisierung der Sowjetunion, sondern auch teilweise aus militär-strategischen Gründen wurde beschlossen, einen Weißmeer-Ostsee-Kanal oder „Stalin-Kanal“ zu bauen.
Der Kanal wurde ausschließlich von Zwangsarbeitern gebaut und am 30. August 1933 offiziell von Stalin eröffnet. Die Bewachung, Versorgung und Unterbringung wurde vom „Weißmeer-Ostsee-Besserungs-Arbeitslager“ aus, einem Teil des sowjetischen Gulag-Systems, organisiert. Tausende unschuldig geschundener Menschen wurden in einem Waldgebiet nahe Medweschjegorsk – 1931 bis 1941 Verwaltungszentrum des Lagers – auch einfach erschossen. Zum Gedenken an diese Opfer wurden hier Kirchen und die internationale Gedenkstätte Sandarmoch errichtet.
Kontrastprogramm: Heute machen wir uns mit der russischen Sauna („Banja“) bekannt. Birken- oder Eichenwedel sind das wichtigste Attribut in der russischen Banja und werden zum Massieren verwendet. In Kombination mit der Technik der rhythmischen Effekte hat der Banja-Wedel stimulierende Wirkung auf den Körper, verbessert die Durchblutung, löst Muskelverspannungen und lindert Stress. Und danach noch in den frischen Onegasee springen….
Mit den unterschiedlichsten Eindrücken beschäftigt beschließen wir den heutigen Tag mit Lagerfeuer-Romantik direkt am Onega-Ufer. Dieter feiert heute seinen 65. Geburtstag und gibt so manche Wodka-Runde aus.
Wir nehmen bald Abschied vom Onegasee und begeben uns zum Weißen Meer. Davon erzählen wir im nächsten Bericht.
Bis bald,
Eure Valery, Viktor und Valentina
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