Berlin-Peking 2019 – Etappe 9

Kultur, Show, Peking-Ente und viele Abschiede

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

in den nächsten Tagen erkunden wir erst einmal die quirlige chinesische Hauptstadt Peking. Das Dongfeng-Hotel liegt nur einen Katzensprung von der Verbotenen Stadt und vom Platz des Himmlischen Friedens entfernt. Ein verkehrsgünstiger, aber ruhiger Ausgangspunkt für die touristischen Highlights: Himmelstempel, Sommerpalast und Verbotene Stadt. Aber es stehen auch Besuche bei Akrobatinnen und Akrobaten, Kung-Fu-Kämpfern, in einer Seidenspinnerei und im wuseligen Altstadtviertel auf dem Programm. Trotzen wir dem Treibhausklima und stürzen uns ins Getümmel der Mega-Metropole! Danach geht es wieder auf die Piste zur chinesisch-mongolischen Grenze: „Möge die Übung gelingen“.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Himmelstempel

Nach einer angenehmen Nacht im klimatisierten Zimmer starten wir um 8.30 Uhr mit dem Bus zum Himmelstempel, bevor das Thermometer die 30-Grad-Grenze überspringt. Gestern bei der Konvoifahrt zum Dongfeng-Hotel zeigte es auch schon mal 40 Grad. Yongzhi, unser umtriebiger Reiseführer, übergibt das Zepter jetzt an seinen sympathischen, immer gut gelaunten Kollegen Ma, der mit Frau und Kind in Peking lebt und offenbar jeden Winkel der 21 Millionen-Metropole kennt. Auf dem Weg zum berühmten Wahrzeichen der Stadt erzählt er uns über die chinesische Lebensphilosophie: Yin und Yang, viele Weisheiten, aber auch viel Aberglauben und viele Regeln, die das Leben der Menschen bestimmen.

An der Nordseite des Himmelstempels überrascht uns erst einmal eine große Videoleinwand, über die allerlei Reklame flimmert. Bei Deutschen Denkmalpflegern würde das wohl mindestens ein schweres Stirnrunzeln hervorrufen, für die Menschen hier ist es scheinbar kein Problem. Der Himmelstempel liegt in einem 267 Hektar großen, schönen Park und ist eigentlich eine Oase der Ruhe, aber weil er zu den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt gehört, ist natürlich einiges los. Das eindrucksvolle Gebäude im konfuzianischen Stil ist rund und hat drei übereinander angeordnete Dächer. Nach der Devise „der Himmel ist rund und die Erde quadratisch“ ruht der Tempel auf einer rechteckigen Plattform. Dort betete einst der Herrscher einmal im Jahr für eine gute Ernte.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Seidenspinnerei

Bevor es so richtig heiß wird, flüchten wir in den Bus und machen uns auf den Weg zur Seidenspinnerei. Dort lernen wir die verschiedenen Lebenszyklen der Seidenraupen kennen und können auch schon mal einen der Kokons zwischen die Finger nehmen. Wir versuchen die Mechanik der komplexen Maschine zu verstehen, die die Seidenfäden von den Kokons abwickelt und begutachten all die verschiedenen Produkte, die aus den Fäden entstehen: Matratzen, Kopfkissen, Bettbezüge und viele andere Stoffe. Eine Information, die uns vermittelt wird, stimmt aber nicht: Doppelkokons, also Kokons mit zwei Larven und somit zwei Fäden, gibt es nicht nur in China. Sei’s drum!

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Akrobatik

Nach ein bisschen Entspannung im Hotel erwartet uns am Abend ein weiterer Höhepunkt des Peking-Aufenthalts: Eine Akrobatikshow erster Klasse! Auf unseren Plätzen im VIP-Bereich zittern wir mit – „Möge die Übung gelingen!“: Fallen die Teller von den Stöcken? Hält die meterhohe Säule aus Stühlen den Akrobaten? Steht die Pyramide junger, gelenkiger Körper sicher? Oder stürzt gar einer der sechs waghalsigen Motorradfahrer ab, der mit Affenzahn in der kleinen Gitterkugel rotiert? Nervenkitzel pur! Am Ende läuft unter uns eine Wette: Haben die Motorräder einen Verbrennungs- oder einen E-Motor – wir riechen keine Abgase und hören kaum Motorengeräusche? Recht haben diejenigen, die auf einen Benzinmotor getippt haben.

Am Abend gibt es noch ein wichtiges Date: Susi fliegt morgen nach Hause und Mac ist von nun an allein in seinem Womo unterwegs. Und Josef und Walter fahren ihr Womo nach Shanghai, von wo es nach Deutschland verschifft wird. Alle sind ein bisschen traurig, dass die drei die Gruppe verlassen, aber Bier und Wodka helfen über den größten Schmerz hinweg.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Schlachterei

Das Dongfeng-Hotel liegt mitten in einer Wohngegend, wo es neben einfachen Restaurants auch Lebensmittel- und Gemüseläden sowie Schlachtereien gibt. Hier pulsiert das pralle Leben! Die Auslagen der Geschäfte sehen sehr appetitlich aus, auch wenn nicht alles für unsere Mägen bestimmt ist. Wenn wir durch die kleinen Gassen schlendern, können wir quasi in die Wohnzimmer der Pekingerinnen und Pekinger schauen und ihr Leben beobachten.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Sommerpalast

Um 8.30 Uhr besteigen wir den Bus zum Sommerpalast. Das 290 Hektar große Areal liegt etwa 18 Kilometer außerhalb des Stadtkerns und besteht zu einem Viertel aus Wasser. Dorthin zogen sich die Herrscher zurück, wenn sie ein wenig Entspannung brauchten. Von außen präsentiert sich der Palast im alten Glanz. Leider wurde er während des zweiten Opiumkriegs zwischen 1856 und 1860 von englisch-französischen Truppen geplündert. Heute verlustieren sich die einheimischen und ausländischen Touristen hier, freuen sich über die schattenspendende Vegetation oder fahren mit Tret- und Elektrobooten über den See.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Teezeremonie

Es wird wieder heiß und wir freuen uns bei der Busfahrt zur anstehenden Teezeremonie ein wenig Abkühlung zu finden. Unterdessen erzählt uns Ma, einer unserer beiden chinesischen Guides, viel über das Leben der „normalen“ Leute. Die früheren Wohnungen, von denen wir eine auch besichtigen konnten, waren zwar nostalgisch schön, aber ohne Toilette, Dusche und Balkon. Auf diesen vermeintlichen Luxus wollen die Chinesen nicht mehr verzichten – und wohnen deshalb lieber im Hochhaus.

Guter Tee ist auch in China sehr teuer, und deshalb geht Probieren über Studieren. Wir testen Grünen Tee, fermentierten Tee, Jasmintee und Kräutertee. Testen heißt in diesem Fall erst einmal riechen und dann schmecken. Aber langsam, in drei Schlücken, wie uns die Zeremonienmeisterin ans Herz legt. Einen Schluck für ein langes Leben, einen für die Gesundheit und einen für den Reichtum. Wir genießen ganz langsaaaaaaam – wer weiß, wozu es gut ist.

Am späten Nachmittag machen wir noch ein kurzes Meeting für alle – nicht zu lange, weil die Kung-Fu-Show auf uns wartet. Wichtigster Punkt: Die Verabschiedung von Ma, der eigentlich Jun heißt. Er hat einen tollen Job als deutschsprachiger Reiseleiter gemacht. Seine Sprachkenntnisse hat er übrigens in Stuttgart – er schwäbelt aber nicht – erworben, wo er zwei Jahre als Koch in einem deutschen Hotel gearbeitet hat. Leider muss er uns nun verlassen, weil er mit Sepp und Walter nach Shanghai fahren muss, wo deren Womo eingeschifft wird.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Kung-Fu-Show

Es hätte schon früher eine Gelegenheit gegeben, mit der chinesischen Kampfkunst Kung-Fu in Berührung zu kommen, aber allen waren die 80 Kilometer Anfahrt zum Shaolin-Kloster zu weit. Die Vorführung der Muskelmönche ist wirklich beeindruckend: etwas pathetisch zwar, aber unglaublich athletisch, kraftvoll und voller extrem temporeicher Bewegungen. Wieder ein abendliches Highlight des Peking-Besuchs.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Verbotene Stadt mit Mao-Bildnis

Heute steht ein „Muss“ für uns Peking-Besucherinnen und Besucher auf dem Programm: die Verbotene Stadt. Um die Besichtigung und den davorliegenden Platz des Himmlischen Friedens kommt niemand herum, der in der chinesischen Hauptstadt unterwegs ist. Er ist 440.000 Quadratmeter groß und es wimmelt nur so vor Menschen. Die wollen aber nicht in die Verbotene Stadt, sondern in das Mao-Mausoleum, ein Pflichtprogrammpunkt für chinesische Touristinnen und Touristen. Wir schlendern – sofern man das in der morgendlichen Hitze sagen kann – quer über den Tian’anmen-Platz (wie er richtig heißt) direkt auf das Mao-Bildnis zu, das den „großen Führer“ im Alter von etwa 70 Jahren zeigt. Rund 80.000 Menschen dürfen die Verbotene Stadt täglich besuchen – mehr nicht!

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Die Verbotene Stadt

Einige von uns, die früher schon einmal hier waren, können sich erinnern, dass die Kaiserliche Audienzhalle, in der einst wichtige Beamte und Besucher den Herrscher trafen, zu besichtigen war. Inzwischen verwehrt ein Zaun den Zutritt. Zu Kaisers Zeiten war die Audienzhalle das höchste Gebäude der Stadt. Heute hält sich niemand in Peking mehr an die Vorgaben von einst, gleichwohl haben wir nicht den Eindruck einer von Hochhäusern geprägten Metropole. Aber auch in der Hauptstadt wird nicht gekleckert, sondern geklotzt: Das höchste Gebäude misst mehr als 500 Meter und ist damit das dritthöchste Chinas.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Erschöpft in der Verbotenen Stadt

Das Areal der Verbotenen Stadt, die mehr als 500 Jahre nicht zugänglich war, ist riesig. Es handelt sich wohl um den größten Palast-Komplex der Welt, der seit 1987 auf der Liste des Weltkulturerbes steht. Groß und anstrengend. Die Abenteuer Osten-Gruppe muss erst einmal eine Pause einlegen. Aber nur kurz – es gibt noch mehr zu sehen und die Sonne heizt trotz Smog ordentlich ein. Erst im kaiserlichen Garten, wo sich einst auch die Kaiserin und die Konkubinen aufhielten, gibt es in den kleinen Läden wieder kühle Getränke.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Eine Peking-Ente wird zerlegt

Pekingente – darauf haben sich alle schon gefreut. Wir laden am Abend in eines der mittlerweile zahlreichen Restaurants ein, die die lokale Köstlichkeit zubereiten. Vorweg gibt es verschiedene leckere chinesische Speisen. Dann – endlich – rollt der Küchenchef persönlich die honigfarbene Ente herein. Vor unseren Augen tranchiert er den Vogel. Unser Guide Yong Zhi erklärt, wie die Haut und das Fleisch dünn von Brust und Schenkeln abgeschnitten werden.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Wir essen Peking-Ente

Dazu gibt es hauchdünne Fladen aus Weizenmehl. Hinein legen wir zwei, drei Streifen Fleisch mit Haut, Gurkenstücke und Frühlingszwiebeln und vor allem eine köstliche Soße. Das Rezept ist Geheimsache des jeweiligen Restaurants und wird nicht verraten. Wir langen beherzt zu, wickeln die Zutaten in die Fladen und stecken uns das Handgerollte in den Mund: Herrlich! Es ist unser letzter Abend in Peking, und wir genießen ihn in vollen Zügen.

Leider ist es auch unser letzter Abend mit Nelly, die von Beginn der Reise mit dabei war. Nur ein paar Tage in Xinjiang fehlen in ihrem Reisetagebuch. Sie war die rechte Hand des Tourdirektors Oleg, aktualisierte das Roadbook, kümmerte sich um die Buchhaltung und alles andere auch. Und dazu war sie der Liebling der Mitreisenden.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Chinesische Mauer

Schluss mit den Annehmlichkeiten der Stadt, dem guten Essen, aber auch mit der Hitze. Wir fahren individuell aus der Stadt hinaus. Ein Stück der Chinesischen Mauer wartet darauf, von uns bestiegen zu werden. Hier ist die Mauer breiter, höher und eindrucksvoller als in dem Teil, den wir schon gesehen haben. Überall auf den Hügeln links und rechts des großen Parkplatzes zieht sich die Mauer mit ihren massigen Wachtürmen über die Berge. Eindrucksvoll – vor allem, wenn man sich vorstellt, dass sie Tausende von Kilometern lang ist.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Verkehrsstau

Kurz hinter Zhangbei haben wir den ersten Stau außerhalb einer größeren Stadt. Das Durcheinander kennt keine Grenzen. Plötzlich rollt der Gegenverkehr im Schneckentempo nicht nur links von uns – das ist ja normal -, nein, auch rechts von uns geht es in die Gegenrichtung. Wir befinden uns zwischen zwei gegenläufigen Verkehrsströmen und unsere Fahrspuren werden von drei auf eine – wie in einem Trichter – zusammengeführt. Irgendwie geht es aber doch langsam voran und der Knoten entwirrt sich wieder.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Naturstellplatz

Weiter geht es Richtung chinesische Grenze. Ein Stellplatz abseits der Zivilisation, am Rande eines kleinen Dorfes ist unser Tagesziel. Es werden wieder die Grills, der Tisch und Stühle ausgepackt. Wir müssen uns selbst versorgen, denn es gibt weit und breit kein Restaurant. Dafür fahren freundliche Einheimische auf Mopeds, Elektroautos, Pkws und Lkws vorbei, winken, nicken und fotografieren unsere Womos und uns.

Abenteuer Osten Wohnmobilreisen
Abschied von Yongzhi

Heute heißt es Kilometer machen. Wir wollen an der chinesisch-mongolischen Grenze in Erenhot zum letzten Mal rasten. Die Stadt ist auch Versorgungsort: Wassertanks auffüllen, denn die Wüste Gobi ruft, und die Dieseltanks bis zum Rand vollfüllen, denn der chinesische Sprit ist besser als der Treibstoff in der Mongolei. Das Hauptereignis des Tages ist jedoch das große „China-Abschiedsessen“: Es gibt Hotpot, ein Gericht, dass sich sozusagen jeder selbst kocht. Vor jedem von uns brodelt ein Topf mit schmackhafter Brühe und auf der drehbaren Glasplatte unseres Tisches liegen Rind- und Lammfleisch, Pilze, Kohl, Spinat, Knoblauch und Kräuter, die je nach Geschmack gegart werden. Einfach lecker! Dazu gibt es selbstverständlich einen Abschiedsschnaps.

Wir verabschieden uns von Yongzhi, unserem kompetenten, gebildeten und witzigen einheimischen Reiseführer. Ohne ihn, die graue Eminenz im Hintergrund, wäre sicher nicht alles so reibungslos verlaufen. Seine Improvisationsgabe und seine Routine haben uns das Leben in China leichter gemacht. Wir verabschieden uns auch von einem Land und seinen Menschen, die wir jetzt besser verstehen, deren Gedanken und Lebensweisheiten wir ein Stück weiter nachvollziehen können und deren Freundlichkeit und Offenheit uns glücklich gemacht hat.

Jetzt sind wir wahnsinnig neugierig darauf, was uns auf der anderen Seite der Grenze in der Mongolei erwartet.

Euer Team

Yongzhi, Jun, Volker, Nelly und Oleg

Zurück zu Etappe 8EtappenübersichtWeiter mit Etappe 10